Ausbau der Abwasser-Reinigungs-Anlage Region Zurzach 2017/19
Ausgangslage
Mit Schreiben vom 8. Januar 2010 legte das Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau für die ARA Zurzach strengere Einleitbedingungen fest, welche die bestehende Kläranlage ohne Kapazitätssteigerung nicht erfüllen kann.
Die ARA Zurzach wurde im Jahre 1977, also vor 38 Jahren, für total 15‘000 Einwohnerwerte in Betrieb genommen, wobei die Anlage – wie damals üblich – nur für den Kohlenstoffabbau dimensioniert wurde. Von September 2005 bis Sommer 2007 wurde die Anlage teilsaniert und erneuert. Da die weitaus meisten Anlagen seit Inbetriebnahme rund 30 Jahre in Betrieb waren, mussten diverse Anlageteile und Installationen (v.a. Elektroanlagen, aber auch Belüfter, Gebläse etc.) altersbedingt ersetzt werden. Im Weiteren wurde bei diesem Projekt ein Neubau für die Faulschlammentwässerung (Zentrifuge, Flockmittel- und Dosieranlage, Muldenstation) realisiert.
Im Jahr 2012 wurden Massnahmen zur Energieoptimierung umgesetzt. Der Gasometer sowie das Blockheizkraftwerk wurden ersetzt. Zudem wurde zur Reduktion der Frischschlammmengen eine neue Frischschlammeindickung realisiert.
Bei diesen Projekten handelte es sich um Sanierungs- und Werterhaltungsarbeiten. Massnahmen zur Kapazitätserweiterung der Abwasserreinigung sind seit Inbetriebnahme der Anlage nicht erfolgt. In den letzten Jahren wurde die ARA Zurzach jedoch mit ca. 10‘000 bis 25‘000 Einwohnerwerten belastet. Die neuen, mit Schreiben vom 8. Januar 2010 verfügten Einleitbedingungen können seit längerer Zeit nicht mehr gesichert eingehalten werden. Betriebsoptimierungen alleine sind nicht mehr ausreichend. Ein Ausbau der Vorklärung und der biologischen Reinigungsstufe mit entsprechender Erhöhung der Kapazitäten ist deshalb unumgänglich.
Die ARA Zurzach reinigt aktuell für die folgenden zehn Verbandsgemeinden das Abwasser auf der zentralen Kläranlage:
Bad Zurzach, Baldingen, Böbikon, Koblenz, Mellikon, Rekingen, Rietheim, Rümikon, Siglistorf und Wislikofen
Massnahmenkatalog
Gemäss Studien und Berechnungen sind folgende Sanierungen und Erweiterungen erforderlich:
Mechanische Stufe
- Bauliche Sanierung Schneckenhebewerk
- Ersatz Antrieb Schneckenhebewerk
- Ersatz Rechengutverdichter
- Isolierung Fenster Rechengebäude
Biologische Stufe
- Kapazitätssteigerung mittels dritter Reinigungsstrasse und Umnutzung der bestehenden Becken
- Ersatz der bestehenden Rührwerke in den Denitrifikationszonen
- Ersatz der Fällmitteldosierstation
- Anpassung Probenahme Ablauf ARA
- Halbautomatische Reinigung der Belüfterplatten
- Wärmetauscher
Betriebsgebäude, Umgebungsarbeiten
- Ersatz Fenster Betriebsgebäude
- Errichtung Sitzungsraum und Büros mittels Aufstockung Betriebsgebäude
- Garage und Waschplatz für Geräte
Vorabklärungen und Varianten der Kapazitätssteigerung
Vorabklärungen
Vorsorglich wurden in den Jahren 2008 und 2011 erste Machbarkeitsstudien für einen Ausbau der ARA Zurzach erstellt. Bei diesen Varianten wurden verschiedene Verfahren geprüft. Neben dem bewährten Belebtschlammverfahren wurde auch das Wirbelbett-Verfahren sowie das Festbett-Verfahren (Biofiltration) untersucht.
Unter Berücksichtigung diverser Kriterien, vor allem aber aus betrieblichen Gründen und nach Besichtigung von Referenzanlagen, wurde beschlossen, für den Ausbau der ARA Zurzach das Belebtschlammverfahren weiterzuverfolgen.
Machbarkeitsstudie
Im Bericht „Kapazitätssteigerung ARA Bad Zurzach – Machbarkeitsstudie“, Kuster + Hager, vom 31.10.2014 wurden mögliche Ausbauvarianten auf Basis des Belebtschlammverfahrens aufgezeigt. In der Studie wurden folgende Varianten untersucht:
- Variante 1: Vorfällung
Die biologische Stufe wird durch einen erhöhten Einsatz von Fällmitteln in der mechanischen Reinigungsstufe entlastet. Dadurch werden die erforderlichen Belüftungsvolumina kleiner.
- Variante 2: Umnutzung der bestehenden Strassen zu Belüftungsbecken
Sämtliche bestehenden Becken der beiden Klärblöcke werden zu Belüftungsbecken umgenutzt. Somit muss sowohl die Vorklärung als auch die Nachklärung neu gebaut werden.
- Variante 3: Hochlast /Schwachlast-Betrieb
Die bestehende einstufige Biologie wird durch eine zweistufige ersetzt. Dabei wird auf die Vorklärung verzichtet. In der ersten hochbelasteten Stufe wird vor allem der Kohlenstoff abgebaut, während in der zweiten schwachbelasteten Stufe die Nitrifikation stattfindet. Der gesamte Schlammanfall der Anlage steigt, womit sich die Energiebilanz der ARA verbessert. Die bestehenden Becken reichen für die Hochlaststufe (Belüftungsbecken und Zwischenklärbecken), die Schwachlaststufe (Belüftungsbecken und Nachklärbecken) muss neu gebaut werden.
Aus den Untersuchungen resultierte, dass die Variante „Umnutzung der bestehenden Strassen zu Belüftungsbecken“ (Variante 2) die geeignetste Lösung darstellt, auch wenn die Bauvolumen am grössten sind.
Da die zu erwartenden Jahreskosten (Summe der jährliche Betriebskosten und Amortisation der Investitionen) bei allen drei Varianten etwa gleich hoch sind, erfolgte der Verfahrens-entscheid vor allem aus Gründen der Betriebssicherheit.
Bei der Variante 1 „Vorfällung“ leidet die Betriebssicherheit darunter, dass sich die Anlage auf diese Vorfällung stützt und diese dann nicht bei hohen und plötzlichen Frachtstössen als zusätzliche Massnahme eingesetzt werden kann.
Bei der Variante 3 „Hochlast/Schwachlast-Betrieb“ ist die Erfahrung nur beschränkt. Zudem ist bei diesem Verfahren mit einem Mehranfall an Klärschlamm zu rechnen, welche die Kapazität der bestehenden Schlamminfrastruktur überschreiten würde.
Wie beim heutigen Betrieb der Anlage werden auch die neuen Anlagenteile aus Gründen der Redundanz und der Betriebssicherheit mindestens zweistrassig ausgeführt.
Aus Gründen des Gewässerschutzes und der betrieblichen Vorteile (u.a. stabiler und einfacher Betrieb, Denitrifikation) wurde an der Sitzung der Baukommission vom 06. November 2014 die Variante 2 „Umnutzung der bestehenden Becken zu Belüftungsbecken“ einstimmig für die weitere Projektbearbeitung gewählt.
Die Abteilung für Umwelt begleitete die ganze Verfahrensevaluation eng und unterstützt den getroffenen Entscheid ebenfalls.
Landbeanspruchung
Auch wenn die gewählte Variante 2 am meisten Platz benötigt, ist es durch die vorhandenen Landreserven neben dem ARA-Areal problemlos möglich, die neuen Becken zu realisieren. Das zu beanspruchende Land (Teilfläche der Parzelle), welches im Eigentum der Gemeinde Bad Zurzach steht und in der Zone für öffentliche Anlagen liegt, muss käuflich erworben werden. Die Restfläche bleibt im Eigentum der Gemeinde und könnte später für weitere Ausbauten erworben werden.
Das zu beanspruchende Land ist im obersten Bereich leicht mit verschmutzten Materialien, das aus einer früheren Ablagerungsstätte herrührt, durchsetzt. Die Kosten für deren Entsorgung trägt die Gemeinde Bad Zurzach.